Historie

Von der Betriebssportgruppe zum größten lesbisch-schwulen Sportverein

Am 11. November 1986 wurde der Verein zunächst als Schwuler Sportverein Vorspiel (SSV) in West-Berlin gegründet. Inspiriert wurde die Neugründung durch Teilnahme schwuler Sportler aus Berlin an den ersten Gay Games in San Francisco. Im Jahre 1992 stieß die erste lesbische Frau zum Verein und nach weiterem weiblichen Zuwachs wurde der Vereinsname in den heutigen geändert. Entscheidend für die Gründung des Vereins war der Wunsch nach einem gemeinsamen Sporterlebnis unter Freunden ohne Diskriminierung. Zur Gründungszeit wurden Homosexuelle noch unverblümt diskriminiert und die neue Schreckenskrankheit AIDS sorgte für weitere Ausgrenzung. Der gemeinsame Sport vermittelte Stärke und Zusammenhalt der Teilnehmer. Der Mauerfall und das Zusammenwachsen des geteilten Berlins sorgten dafür, dass Schwule aus Ostberlin ab sofort auch am Sportangebot des Vereins teilnehmen und viele Sportstätten im ehemaligen Osten der Stadt genutzt werden konnten. Die Anzahl der Mitglieder wuchs dadurch von 60 Mitgliedern im Jahre 1988 auf 600 zum Jahreswechsel 1992/1993. Entsprechend schnell etablierten sich neue Abteilungen und das Sportangebot wurde immer vielfältiger. 2011 beging der Verein sein 25-jähriges Bestehen mit einem Festakt im Bärensaal des Alten Stadthauses und einer Feier im SchwuZ. 2016 feierte Vorspiel seinen 30. Geburtstag mit vielen Turnieren, einem bunten Wagen auf dem Berliner Christopher Street Day und einer großen Geburtstagsparty.

Die ersten Jahre

Alles begann 1986, als sich ein paar Mitglieder der Volleyball-Betriebssportgruppe der Deutschen Oper, zwei Gymnastikfreunde vom Kommunikationszentrum Hollmannstraße und ein Trainer trafen, um einen neuen Verein zu gründen. Man wollte gemeinsam Sport machen und dabei unter „Seinesgleichen“ sein. Im November stand der erste Entwurf einer Satzung für den neuen schwulen Sportverein, drei Monate später bestätigte das Amtsgericht Charlottenburg die Existenz von "Vorspiel - Schwuler Sportverein (SSV) Berlin e.V.". Der Name „Vorspiel“ sollte bewusst provozieren.

In dieser Gründungsphase ergatterten die Volleyballer auch ihre erste Trainingshalle über die Technische Universtität. Die Gymnastikgruppe trainierte dagegen in einer Baracke in der Hollmannstrasse: eng und muffig war es hier, zahlreiche Stützpfeiler überall im Raum behinderten jeden Bewegungsablauf. Die Decke war so niedrig, dass die Sportler beim Bockspringen darauf achten mussten, sich nicht den Kopf zu stoßen. Doch diese Einschränkungen waren nicht wichtig. Entscheidend war das gemeinsame Sporterlebnis unter Freunden.

Um der Hallenmisere entgegenzuwirken, stürzten sich die neuen Drahtzieher in die Verbandspolitik. Der Volleyballverband erwies sich als unkompliziert und nahm Vorspiel sofort auf. Doch mit dem Berliner Leichtathletikverband entspann sich ein heftiger Streit aufgrund der Doppeldeutigkeit des Vereinsnamens und eine Aufnahme wurde unterbunden. Zwar sei „Vorspiel“ allein ein akzeptabler Name, „schwuler Verein“ ginge auch noch. Aber die Kombination dieser beiden sei unvereinbar mit dem Sport, untragbar für den Verband. Weil der Berliner Leichtathletikverband nicht von seiner Position abrückte, zog Vorspiel 1992 vor Gericht. Die Klage wurde abgewiesen. Und so zog sich die Auseinandersetzung bis 1998 hin. Im September dieses Jahres änderte Vorspiel offiziell seinen Namen in „Vorspiel - Sportverein für Schwule und Lesben Berlin e.V.“ und entzog dem Verband damit die Grundlagen seiner Argumentation. Zähneknirschend musste man den Beitritt von Vorspiel hinnehmen. Heute arbeitet Vorspiel erfolgreich mit dem Berliner Leichtathletik-Verband zusammen.

Nach der Wende und frühe 1990er

Der Mauerfall bedeutete für Vorspiel durchweg positive Veränderung. Schwule aus Ostberlin wurden eingeladen und konnten unmittelbar nach der Wende kostengünstig an allen Sportveranstaltungen von Vorspiel teilnehmen. Der Verein dehnte sich in den Osten der Stadt aus und übernahm einige Spielstätten im ehemaligen Ostsektor von Berlin. Eine ungeahnte Wachstumsphase des Vereins folgte. Die Mitgliedschaft wuchs zwischen 1988 und 1992 von 60 auf 600 Mitglieder an. Entsprechend schnell etablierten sich neue Abteilungen und das Sportangebot wurde immer vielfältiger.

Auf die Phase des Wachstums folgt etwa ab 1993 eine der Etablierung. Abgesehen vom Verband der Leichtathleten, hatte man bei allen anderen Verbänden Anerkennung erworben. Die Mitgliedschaften in zahlreichen Sportverbänden verschaffte den einzelnen Abteilungen bessere Trainingsbedingungen, bessere Sportstätten, besseres Material und die Möglichkeit, an offiziellen Turnieren teilzunehmen. Bei immer mehr Turnieren übernahm kulturelle oder politische Stadtprominenz die Schirmherrschaft. Aber auch die Organisation des Vereinslebens wurde komplexer, handschriftliche Listen und Karteikartensysteme wurden durch professionelles Management ersetzt und der Aufwand wurde deutlich größer, um Vereinsleben, Finanzen oder Öffentlichkeitsarbeit zu koordinieren. Auch engagierte sich Vorspiel immer häufiger auf (Sport)Veranstaltungen, die Akzeptanz, Toleranz, Respekt und Vielfalt in den Fokus ihrer Arbeit stellten. Ein Höhepunkt war die Ausrichtung der vierten Eurogames (zusammen mit anderen schwul-lesbischen Sportvereinen aus Berlin) im Jahr 1996 mit über 3.300 Aktiven in 17 verschiedenen Sportarten.

Die Öffnung für Frauen

Seit 1993 nahmen immer mehr Frauen das Sportangebot von Vorspiel wahr und sorgten für Geschlechtervielfalt in einzelnen Abteilungen. Nach kontroversen und lebhaften  Diskussionen, ob sich der Verein ganz offiziell für Frauen öffnen sollte, wurde auf der Mitgliederversammlung im Februar 1998 die Namensänderung des Vereins beschlossen und die Öffnung Vorspiels für Lesben besiegelt. 2001 wurde mit Grit zum ersten Mal auch eine Frau in den Vorstand des Vereins gewählt.

Die 2000er-Jahre bis heute

Die desolate Finanzsituation der Stadt Berlin in den frühen 2000er-Jahren wirkte sich auch auf das Vereinsleben aus, da immer weniger Sportstätten zur Verfügung standen, um neue Sportgruppen zu gründen. Zugleich wurden die Verwaltungsaufgaben der Geschäftsstelle (damals in der Naumannstraße) erstmals auf bezahlte Bürokräfte umverteilt, um eine notwendige und gute Vereinsstruktur aufzubauen.

Noch heute kämpft Vorspiel jährlich um Trainingszeiten in fast allen Berliner Bezirken, um das stetig gewachsene Sportangebot für die Mitglieder zu ermöglichen. Die Geschäftsstelle agiert inzwischen neben dem operativen Tagesgeschäft als Schnittstelle zwischen Vorspieler*in und Vorstand, Abteilung und Vorstand oder Vorspieler*in und Abteilung.

Heute treiben jeden Tag in der Woche über 1.500 bei, durch, über und unter Vorspiel Sport, egal ob homo-, hetero-, bi-, trans* oder intersexuell. Und der Verein ist inzwischen nicht nur die größte schwul-lesbische Vereinigung der Stadt. Er ist der zweitgrößte schwul-lesbische Sportverein in Europa.